Wenn Aromen Tango tan­zen

Juergen Koch

 

„Essenzen, Aromen, Zucker oder Zu­ckercouleur sind tabu.“

 

 

Sein „Schlüssel-Erlebnis“ in Sa­chen Schnaps hatte Klaus Käppler 1987, als ihm der mittlerweile verstorbene Wester­nacher „Schnaps-Professor und Qualitätsfanatiker“ Rudolf Schmieg ein paar seiner Schnäpse kreden­zte. „Das wollte ich auch hin­kriegen.“ Keine Frage, Käppler kann‘s und kriegt's längst hin. Das zeigt sich schon vor dem ersten Schluck. Im Glas ein 2012er Quit­tenbrand aus dem Eschenfass. Die Frucht springt förmlich aus dem Glas in die Nase. Puristisch, kristall­klar, absolut rein. Wohlig weich legt sich der Stoff dann auf die Zunge, umschmeichelt den Gaumen, zeigt Aroma, Ausdruck und einen Mara­thon-Abgang. Da springen die Früchte förmlich aus dem Glas in den Mund, tanzen den Aromen-Tan­go und läuten ein furioses Finale ein. Zur opulenten Frucht gesellen sich Synergie-Aromen aus der lang­jährigen Holzfass-Lagerung. Schluck für Schluck Geschmackski­no in Farbe und 3-D. Selbst das lee­re Glas bietet noch langen Schnüf­fel-Spaß. Für Genuss und Verkos­tung seiner Schnäpse rät er übri­gens zu „Weissweingläsern und Weissweintemperatur, die sind ide­al“.

Auch Klaus Käpplers andere Schnäpse – alles Unikate wie der Brenner selbst - zeigen Duft und Dauer, Körper und Charakter. Zu seinen „Raritäten und Spezialitäten“ zählt er zuallererst seine in Eiche oder Esche fassge­lagerten Jahr­gangsbrände wie den 2005er Apfel­brand, den 2009er Kirschbrand oder den 2014er Pflaumenbrand, denen die Lagerung in kleinen Barriques zu­sätzlich Struktur und Aroma ver­leiht, aber auch seinen fruchtintensi­ven 2015er Himbeerbrand, Brän­de seiner alten Birnensorten oder Brände aus Beeren wie Schlehe oder Eberesche.

In Käpplers Reifekeller zeigt sich, dass der Landwirt mit seinen Schnaps-Ideen offensicht­lich den rich­tigen Riecher hat. Zwischen Fässern, Glasballons und Tonbehäl­tern machen wir auch hier die Pro­be aufs Exempel: Mit der Pipette holt Käppler einige seiner Raritäten ins Licht und Glas. Manche bern­steinfarben, andere wie Karamell, die aus dem Eschenfass eher hel­ler, an Riesling erinnernd. Nur ein Tropfen auf dem Handrücken verrie­ben und ihr Aroma beflügelt bereits die Nase. „Es ist schon toll, wenn man sich das leisten kann, solch aromaintensive Schnäpse mit langjähriger Reifung machen zu können“, freut sich der Brenner, dem die Eigenschaften eines guten Brandes längst in Herz, Hirn und Gaumen gebrannt sind. Essenzen, Aromen, Zucker oder Zuckercouleur sind tabu.

Diese Philosophie schätzt auch der Stuttgarter Sommelier und Wein­händler Bernd Kreis. Bei Obstbrän­den und -geisten führt er aus­schließlich Käpplersche. „Die kön­nen auch international mithalten“, sagt er und schwärmt vom „reintöni­gen Geschmack und fruchtspezifi­schen Aroma“.

Und auch Vincent Klink, Wirt der Stuttgarter Wielandshöhe und selbst ein Unikat mit Ecken und Kanten (und das nicht nur am Herd), schätzt Käpplers Schnäpse sehr. „Seit 30 Jahren führt die Wielandshöhe die Destillate von Klaus Käppler, das will was heißen, nämlich von Beginn an höchste Qualität in jahrzehntelangem Dauermarathon bis heute“, so der Koch und Charakterkopf. Seine Erfahrung mit Käpplers Schnäpsen: „Die Qualität ist stets auf einem kaum zu übertreffendem Niveau.“ Besonders gefällt Klink und seinem Sommelier Andreas Lutz, „dass sich Käppler nie von Mainstream und Expansion hat verführen lassen, sondern seine Regionalität pflegt“. Klinks Fazit: „Ich achte aufs Echte, das nicht dubios verbessert oder manipuliert wurde und in diesem Sinne bin ich mir bei Klaus Käppler wirklich sicher.“

Doch obwohl Kun­den wie Kreis oder Klink zugkräftige Aushänge­schilder sind, hausieren geht Käpp­ler nicht damit. „Ich will, dass die Leute meine Schnäpse trinken, weil sie gut sind, nicht weil sie irgendwo auf der Karte stehen“, sagt der bekennende „Eigenbrötler“ selbstbewusst.

Wen wundert‘s, dass viele Käppler- Kunden mittlerweile zu Stammkun­den wurden, manche auch zu Freunden. Der Austausch mit ihnen ist dem Füßbacher Schnaps-Freak wichtig, auch „weil die die Welt ins Haus bringen“. Das hat er ab und zu ganz gerne. Obwohl ihm die Ruhe in Füßbach über alles geht.

Einige Kilo Obst sind mittlerweile im Laufe des Gesprächs vor unse­rem geistigen Auge vorbeigezogen. Käppler rechnet‘s an zwei Beispielen vor. Acht bis zehn Kilo Quitten stecken im Quitten-, rund 20 Kilo im Himbeerbrand. Zeit sein Sortiment an Hochprozentern etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.