„Meine Schnäpse sind immer mindestens ein Jahr gelagert, die fassgelagerten mindestens drei, alles andere ist albern.“
Wir steuern im Gespräch den Faktor Zeit an. Schnell zeigt sich, dass auch das seine Zeit braucht. Die Sache mit dem Faktor Zeit fängt schon beim Nachpflanzen der Hochstämme an, die einige Jahre brauchen, bis die ersten Früchte reifen. Das geht weiter beim aufwändigen Baumschnitt im Winter und bei der herbstlichen Ernte in Handarbeit. Essenziell ist Zeit auch bei der Gärung der Maische, des zerkleinerten, breiigen Obstes, die „nicht zu stürmisch“ verlaufen sollte Hier achtet Käppler auf einen langsamen, Aromen schonenden Gärungsverlauf. Bei der Gärung wandelt sich der Fruchtzucker des Obstes mittels eigener oder zugegebener Hefen in Alkohol und Kohlendioxid um. Ideal ist ein Gärtemperatur zwischen 12 und 20 Grad Celsius, darunter kann die Gärung abbrechen, darüber würden Geschmack und Aromen leiden.
„Bei mir darf die Gärung ruhig ein paar Monate dauern, von der These, jede Maische müsse sofort nach Abschluss der Gärung gebrannt werden, halte ich nichts.“
Auch beim Brennen selber ist Tempo tabu. So wenig Hitze und Druck wie möglich, so viel wie nötig, weil auch das den Aromen zugute kommt. Viel Zeit nimmt sich der Brenner auch beim Abtrennen von Vorlauf und Nachlauf.
Für enorm wichtig hält Käppler den Faktor Zeit auch bei der Lagerung seiner Brände. „Meine Schnäpse sind immer mindestens ein Jahr gelagert, die fassgelagerten mindestens drei Jahre, alles andere ist albern.“ So ist der jüngste, den er aktuell verkauft (Sommer 2021), ein 2019er Ebereschenbrand, der Älteste ein 2005er Apfelbrand aus dem Eichenfass. Eines ist für Käppler ganz klar: „Ein frisch gebrannter Schnaps gehört nicht auf die Flasche.“ Der Grund: Er ist noch zu rauh, leicht scharf und aromatisch noch nicht dort, wo er sein sollte, auf dem Höhepunkt. Bevor er seine Schnäpse auf Trinkstärke bringt und auf Flasche zieht, gönnt er ihnen also eine mindestens zwölfmonatige Lagerung und Reifung in geschmacksneutralen 25-Liter-Glasballons, in Steingut-Behältern („ein Traum”) und Edelstahltanks. Ausgesuchte Brände auch im Holz. Die reifen dann in Barriques aus französischer Eiche, Eschenfässern aus der Pfalz oder auch 105-Liter-Eichenfässle vom Bieringer Küfermeister Karl Horch ihrer aromatischen Vollendung entgegen. Manche schon deutlich mehr als zehn Jahre. Kostenintensiv, aber lohnend. Kein Wunder, dass Käpplers Jahrgangsbrände aus dem Eichen- oder Eschenfass nicht nur zu seinen Favoriten gehören. Wie das Holzfass den Brand bei der Reifung verändert, erklärt der Brenner so: „Holzfasslagerung ist eine oxidative Lagerung, weil das Holz atmet und Sauerstoff reinlässt, die Brände reifen also anders und schneller als bei einer Lagerung unter Luftabschluss in Glas oder Edelstahl.“ Sprich: Aus den Fassdauben diffundieren Sekundäraromen wie Vanille, Karamell, Röstaromen und Gerbstoffe ins Destillat. „Das gibt im Idealfall nach jahrelanger Lagerung einen interessanteren, komplexeren Brand“, so der Brenner. „Interessant wird’s so etwa ab fünf Jahren, wenn du vom Holz nichts mehr schmeckst, sondern Aromen wie Honig, Vanille, Karamell oder Kaffee.“
Dass nicht jedes Holz für jeden Brand taugt, weiß er aus langer Erfahrung. „Eichenholzfässer sind klassisch und unproblematisch, aber nicht ideal für fruchtige Brände, weil sie deren Aromatik stören. Geeigneter sind da Eschenholz- und Maronenholzfässer, beispielsweise für Quitten- oder Tresterbrände, die geben aber weniger Farbe und kein Tannin ins Destillat ab.“ Kann man den Reifungsprozess eines Brandes eigentlich mit dem von Wein vergleichen? „Schnaps reift schon wie Wein, doch wegen seines hohen Alkoholgehalts viel langsamer und anders“, erklärt Käppler. So würden die Aromen „nicht abnehmen, sondern in andere umgebaut werden“. Um das zu erklären, muss er auf etwas Fachchinesisch zurückgreifen. „Durch Oxidation, Veresterung und Acetalisierung nehmen die fruchtigen Primäraromen ab zugunsten von Sekundäraromen wie Schokolade, Tabak, Leder oder Vanille.“ Während Steinobstbrände „eher immer schöner“ würden, könne es unterm Strich passieren, dass Schnaps aus Kern- und Beerenobst an Frucht verliere und etwas „müde“ werde.